Bebauung prägt die Landschaft

Um es gleich am Anfang zu sagen: Es gibt nicht das Appenzellerhaus. Auf dem Hebrig ist die älteste noch erhaltene Form, das Heidenhaus zu bewundern. Ab etwa 1600 kommt das Tätschdachhaus auf. Mit dem Weberhöckli entsteht eine weitere Form, die parallel zur industriellen Entwicklung und der damit verbundenen Heimarbeit aufkommt. Die bekannteste Bauart, die auch am ehesten mit dem Begriff Appenzellerhaus verbunden wird, ist das Kreuzfirsthaus mit angebautem Stall.

Weit verstreut

Die unterschiedlichen Haustypen sind ein Faktor, der das Landschaftsbild in Gais wie im ganzen Appenzellerland prägt. Ebenso wichtig sind die Streusiedlungen. Deren Entstehung hat viel mit dem Wasserreichtum zwischen Alpstein und Bodensee zu tun. Als die Landschaft gegen Ende des ersten Jahrtausends besiedelt wurde, mussten sich die Menschen nicht um einen Brunnen scharen. Vielmehr konnten sie sich dank der zahlreichen Quellen einen geeigneten Flecken Land erschliessen, auf dem sie leben und arbeiten konnten.

Gebaut wurden Häuser nach den damaligen technischen Möglichkeiten. Heidenhaus und Tätschdachhaus haben einen sehr flachen Dachgiebel. Auf ein Gerüst wurden Schindeln gelegt und mit Steinen beschwert. Erst ab Mitte des 17. Jahrhunderts wurden die Dächer steiler. Möglich machte dies erst, als Eisennägel zur Befestigung der Schindeln erschwinglich wurden. Oft wurden dann bestehende Tätschdachhäuser aufgestockt.

Trügerische Idylle

Ebenfalls im 17. Jahrhundert entstand das Weberhöckli. Was so idyllisch tönt, zeiget sich in Realität oft ganz anders. Die Weberhöckli boten wenig Platz zum Leben mit nur einem ausgebauten Vollgeschoss. Im Untergeschoss lag der Webkeller, der den Familien dank Heimarbeit ein oft bescheidenes Einkommen gab. Weberhöckli stehen oft an weniger attraktiven Lagen an Nordhängen.

Ab dem 18. Jahrhundert entstanden dank aufkommenden Wohlstands Fabrikanten- und Bürgerhäuser, auch Schul-, Pfarr- und Gemeindehäuser gehören dazu. Diese Häuser wurden oft in den Dörfern gebaut, die sich langsam um eine Kirche herum entwickelten. Fabrikantenhäuser verfügen über ein gemauertes Erdgeschoss, teilweise wird das ganze Gebäude aus Stein gebaut. Vom nicht als Wohnraum genutzten Erdgeschoss führt ein repräsentatives Treppenhaus in die oberen Wohngeschosse. Die ursprünglich einfache Giebelform der Dächer wird erweitert; es entstehen einfach oder doppelt geschweifte Giebel.

Auf dem Land und im Dorf

Zuletzt: Woher kommt der weitgehende harmonische Eindruck von Gais und der ganzen Region? Einfach gesagt, gibt es keinen Unterschied zwischen den Bauten in den Dörfern und jenen im landwirtschaftlichen Raum ausserhalb der Dörfer. In den Dörfern findet sich die gleiche Bauweise der Häuser. Neben einem herrschaftlich anmutenden Bürgerhaus steht ein Kreuzfirsthaus – mal mit, mal ohne angebauten Stall. Gut möglich, dass sich dahinter ein Weberhöckli versteckt.

Quellen

Buch Geschichte der Gemeinde Gais (erhältlich bei der Gemeinde Gais)

Wahlfacharbeit «Typisch Appenzell?» von Valentin Surber zu finden auf der Webseite Forum Appenzellerhaus